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Erntedank 2025

ITER ist eine klevere Abkürzung. Das Wort bedeutet lateinisch „Weg“ oder „Reise“. Als Abkürzung steht ITER dann ebenso für International Thermonuclear Experimential Reactor. Seit 2007 ist dieser Reaktor in Südfrankreich als gemeinsames internationales Projekt im Bau. 2034 soll er in Betrieb gehen. Das Besondere an diesem Reaktor ist, dass mit ihm Energie aus Kernfusion gewonnen werden soll. Das ist die Energie, die von der Sonne ausgeht. Statt durch Kernspaltung wird sie durchdie Fusion von Atomen frei. Sie ist deshalb um ein Vielfaches größer und hinterläßt auch keinen strahlenden Atommüll. ITER ist ein erstaunliches Projekt, weil daran Länder wie Russland, China, Indien, die USA und die gesamte Europäische Union beteiligt sind. Staaten, die sich ansonsten oft nicht freundschaftlich gegenüberstehen. Es zeigt, wie wichtig die Frage der Energiegewinnung weltweit ist. Man ist sich einig, dass wir zukünftig neue Wege brauchen, um unseren Energiebedarf zu decken. Dabei geht es dann natürlich meistens um Elektrizität, um Energie aus fossilen Brennstoffen oder aus alternativen, sogenannten grünen, Energiequellen. Es geht um physikalisch-chemische Energie, die unser sehr energieabhängiges modernes Leben bestimmt und am Laufen hält.

Aber daneben gibt es doch noch eine ganz andere Form von Energie, die wir für unser menschliches Leben brauchen. Eine Form von Energie, die ebenso der ursprünglichen Bedeutung des griechischen Wortes Energeia entspricht, was übersetzt einfach „Wirksamkeit“ oder „Betätigung“ bedeutet. Unser modernes Verständnis von Energie konzentriert sich hauptsächlich auf die physikalisch-chemischen Formen. In der griechischen Sprachwelt der Bibel, im Neuen Testament, wird Energie ebenso als etwas verstanden, das eine besondere Wirksamkeit unter uns entfaltet. Aber es geht dabei um seelisch-geistige Formen von Energie, die genauso ein sehr großes Potiential enthalten – und es gibt Wege, diese Energien freizusetzen.

Energieformen, die vor allem in der Bibel eine Rolle spielen, sind die Energien des Teilens und des Dankens. Daneben gibt es noch allerhand andere Energien: der Freude, des Gebens, des Gebets, der Liebe – alles Energien, die uns lebendig machen und die eine wunderbare Wirkung in und unter uns entfalten können.

Die biblischen Geschichten von Jesus machen darauf aufmerksam, zum Beispiel die zum Erntedankfest gehördenden Speisungsgeschichten. Trotz knapper Ressourcen werden da bei Jesus viele Menschen satt. Es bleibt sogar noch etwas übrig.

Am Anfang dankt Jesus immer selbst für das Wenige, das da ist: sieben Brote und ein paar Fische für 4000 Menschen. Das klingt wie ein Scherz. Aber Jesus läßt sich nicht aus der Ruhe bringen. Er bitte alle, sich um ihn zu lagern. Das heißt, alle sollen ihn gut sehen und hören können. Denn es kommt darauf an, was Jesus jetzt tut. Er beginnt mit einem Dankgebet. Bei Jesus ist das nicht nur ein frommes Ritual oder eine formale Höflichkeit. Er weiß, welche Energie die Dankbarkeit in uns freisetzen kann.

Vielleicht fallen uns dafür jetzt sogar konkrete Beispiele aus unserem eigenen Leben ein? Wann war ich das letzte Mal von Herzen dankbar und was hat das in mir ausgelöst? Hat mich das beschwingt, sozusagen elektrifiziert? Hat es in mir weitere Energien freigesetzt? Konnte ich dadurch Energie weitergeben?

Dann bricht Jesus das Brot, um es zu teilen. Die Energie des Brotbrechens und des Teilens ist eine der stärksten Energien. Sie kann tatsächlich eine Kettenreaktion auslösen. Dann setzt sich das Teilen nämlich fort. Menschen fangen an, weiter miteinander zu teilen. Am Ende bekommen so alle etwas ab. Jedenfalls wird das in der biblischen Geschichte suggeriert. Ob dabei alle körperlich völlig gesättigt waren, bleibt eine Frage. Es klingt doch etwas zu wunderbar. Eine mögliche Erklärung geht davon aus, dass alle Beteiligten schließlich noch einen kleinen eigenen Proviant in Reserve hatten, der dann ebenso miteinander geteilt wurde. Das Jesus teilt, motiviert also alle anderen und setzt sich unter den Menschen dann selbstständig fort. Aber es bleibt nicht bei der Energie des Teilens. In der Schule habe ich den Satz von der Energieerhaltung gelernt. Energie geht nicht verloren, sondern sie wandelt sich um in andere Energie. Genau das passiert in den Brotgeschichten der Bibel. Die Energie des Dankens wandelt sich in die Energie des Teilens, in die Energie der Freude, die Energie des Schenkens und Gebens und umgekehrt. Auch für die seelisch-geistige Energie gilt dieser Energieerhaltungssatz.

Darauf macht uns die Bibel aufmerksam. Wo für andere gesammelt und gespendet wird, entsteht Dankbarkeit, schreibt der Apostel Paulus an die Gemeinde in Korinth. Der Propheten Jesaja kann dann poetisch sogar davon sprechen, dass sich die Energie des Teilens sozusagen optisch wahrnehmbar umwandelt: „Brich dem Hungrigen dein Brot, … dann wird dein Licht hervorbrechen wie die Morgenröte.“

ITER bedeutet Weg. Jesus sagt uns: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.“ Amen.

ITER is a clever abbreviation. The word means ‘path’ or ‘journey’ in Latin. As an abbreviation, ITER also stands for International Thermonuclear Experimental Reactor. This reactor has been under construction in southern France since 2007 as a joint international project. It is scheduled to go into operation in 2034. What makes this reactor special is that it is designed to generate energy from nuclear fusion. This is the energy that comes from the sun. Instead of nuclear fission, it is released through the fusion of atoms. It is therefore many times greater and does not leave behind any radioactive waste. ITER is an amazing project because countries such as Russia, China, India, the USA and the entire European Union are involved. These are countries that are often not on friendly terms with each other. It shows how important the issue of energy production is worldwide. There is agreement that we will need new ways to meet our energy needs in the future. Of course, this mostly concerns electricity, energy from fossil fuels or from alternative, so-called green, energy sources. It is about physical-chemical energy that determines and sustains our very energy-dependent modern life.

But there is also a completely different form of energy that we need for our human lives. A form of energy that also corresponds to the original meaning of the Greek word energeia, which simply translates as ‘effectiveness’ or ‘activity’. Our modern understanding of energy focuses mainly on its physical and chemical forms. In the Greek language of the Bible, in the New Testament, energy is also understood as something that has a special effectiveness among us. But this refers to spiritual forms of energy that also have enormous potential – and there are ways to release these energies.

Forms of energy that play a particularly important role in the Bible are the energies of sharing and giving thanks. In addition, there are all kinds of other energies: joy, giving, prayer, love – all energies that make us alive and can unfold a wonderful effect in and among us.

The biblical stories of Jesus draw attention to this, for example the feeding stories associated with the harvest festival. Despite scarce resources, many people are fed by Jesus. There is even something left over.

At the beginning, Jesus always gives thanks for the little that is there: seven loaves of bread and a few fish for 4,000 people. It sounds like a joke. But Jesus does not let himself be disturbed. He asks everyone to gather around him. This means that everyone should be able to see and hear him clearly. Because what Jesus does now is important. He begins with a prayer of thanksgiving. For Jesus, this is not just a pious ritual or a formal courtesy. He knows what energy gratitude can release in us.

Perhaps we can even think of specific examples from our own lives? When was the last time I was truly grateful, and what did that trigger in me? Did it lift my spirits, electrify me, so to speak? Did it release further energy in me? Was I able to pass on that energy?

Then Jesus breaks the bread to share it. The energy of breaking bread and sharing is one of the most powerful energies. It can actually trigger a chain reaction. Then the sharing continues. People begin to share more with each other. In the end, everyone gets something. At least, that is what the biblical story suggests.

Whether everyone was completely physically satiated remains a question. It sounds a little too wonderful. One possible explanation is that all those involved still had a small amount of their own provisions in reserve, which were then also shared with each other. Jesus shares, motivating everyone else, and then the sharing continues independently among the people. But it doesn’t stop at the energy of sharing. At school, I learned about the law of conservation of energy. Energy is not lost, but is converted into other forms of energy. This is exactly what happens in the bread stories in the Bible. The energy of gratitude is converted into the energy of sharing, into the energy of joy, the energy of giving, and vice versa. This law of conservation of energy also applies to spiritual energy.

The Bible draws our attention to this. Where people collect and donate for others, gratitude arises, writes the Apostle Paul to the congregation in Corinth. The prophet Isaiah even speaks poetically of how the energy of sharing is transformed in a way that is visually perceptible: ‘Break your bread with the hungry, … then your light will break forth like the dawn.’

ITER means ‘way.’ Jesus tells us, ‘I am the way, the truth, and the life.’ Amen.