Jahreslosung 2025

Als Theologiestudent habe ich eine zeitlang recht intensiv Yoga betrieben. Das fing in Marburg an, wo ich eines Tages in der Mensa auf eine Anzeige vom Unisport gestoßen bin. Darauf wurde für einen Yogakurs geworben. Ich war neugierig, bin da mal hingegangen und habe mich tatsächlich für den Kurs angemeldet. Zum einen dachte ich, dass mir ein bisschen Gymnastik gut tun würde. Zum andern kam eine gewisse Neugierde dazu, weil ich in Marburg intensiv Religionsgeschichte studiert habe. Dadurch hatte ich bereits manches über verschiedene Religionen gehört und gelernt und wußte, dass Yoga seinen Ursprung im Hinduismus hat.

Das war dann auch sehr nützlich, weil sich der Yogakurs tatsächlich nicht nur auf das Sportliche, auf das körperliche Hatha Yoga, beschränkt hat. Wir haben dann nicht nur gemeinsam zu einem Mantra getanzt, sondern der Kursleiter hat alle eingeladen, am Ende noch zu einer Meditationsrunde zu bleiben.

Dieser Yogalehrer war sehr sympathisch und offen. Er hat uns die ethischen Grundlagen des Yoga erklärt, fast so etwas wie die Zehn Gebote: Nicht lügen, nicht stehlen, nicht töten. Es war also am Ende so etwas wie Gymnastik mit ethischem Hintergrund. Das klingt doch eigentlich gar nicht so verkehrt, oder?

Am Thema Yoga scheiden sich allerdings bis heute christliche Geister. Einerseits gibt es inzwischen sogar christliches Yoga, anderseits wird Yoga als Teil einer fremden Religion grundsätzlich abgelehnt. Kann ich mich als Christ also mit Yoga beschäftigen? Darf ich Yoga praktizieren?

Der Apostel Paulus schreibt an die Christen in Thessalonich: Alles prüfet, das Gute aber behaltet. Das hört sich doch eigentlich so an, dass es zunächst erst einmal keine Berührungsängste geben sollte. Alles prüfet! Der Plural, den Paulus da gebraucht, ist sicher ebenso gleich ein guter Hinweis darauf, dass ich als Christ nicht alleine entscheiden muss. Im Dialog mit meinen Glaubensgeschwistern kann ich mein Urteil dann auf eine solidere Grundlage stellen.

Paulus und die Christen in Thessalonich lebten zu ihrer Zeit in einer ausgesprochen multireligiösen Umgebung. Da waren viele Begegnungen und Einflüsse an der Tagesordnung. Religiöse und ethische Orientierung war eine ständige Herausforderung. Schon allein in der Begegnung mit den strengen jüdischen Gemeinden. Müssen sich alle an die biblischen Speise- und Reinheitsvorschriften halten, war ja eine heiß diskutierte Frage.

Dass Paulus dabei bereits ganz am Anfang die christliche Freiheit betont, ist eine spannende Sache. Prüfet alles, das Gute aber behaltet! Damit führt Paulus fort, was Jesus an vielen Stellen vorgelebt hat. Jesus, der keine Berührungsängste mit Menschen anderer Religion hatte (Jesus und die Samariterin im Johannesevangelium). Jesus, der betont, das die Gebote für die Lebenserhaltung gegeben sind und nicht dazu, dass Leben schwer zu machen (Das Ährenraufen und die Heilungen am Sabbat im Markusevangelium).

In christlicher Freiheit dürfen wir prüfen und entscheiden, was dem Leben, was dem Glauben und was der Gemeinschaft dient. Angefangen bei körperlichen Übungen über ethischen Normen bis zu den prophetischen Ansagen, auf die sich die Aussage bei Paulus im Thessalonicherbrief konkret bezieht.

Am Ende des Yoga-Kurses damals hat uns der Kursleiter dann gesagt, dass wir jetzt unbedingt einen Guru brauchen, um im Yoga weiterzukommen. Da er selber einige Zeit in einem Ashram in Indien gelebt hat, könnte er uns bei der Vermittlung behilflich sein. Da hat dann mein Interesse irgendwie aufgehört. Ich wollte und brauchte als Theologiestudent ja keine neue Religion. Ich wollte nur meine Kenntnis und meinen religiösen Wissenshorizont erweitern. Was ich gelernt habe, hat mir dann sogar beim Verständnis meines christlichen Glaubens geholfen. Ich habe nämlich entdeckt, dass zum Beispiel Meditation eine lange christliche Tradition hat. Dass alle Religionen ethische Vorstellungen beinhalten, ist mir ebenso bewußter geworden, und dass vieles dabei durchaus vergleichbar ist, so wie die Goldene Regel, die ja ebenso auch Jesus als ethische Norm formuliert.

Allerdings ist mir auch ein großer Unterschied klargeworden. Im Yoga geht es um Selbstvervollkommnung. Ich muss mich selber auf diesen Weg begegeben und danach streben oder daran scheitern. Der christlicher Glauben ermutigt uns ebenso, nach dem Guten zu streben, das Gute zu behalten. Aber wir wissen von vornherein, dass wir uns trotzdem nicht selbst erlösen können. Wir bleiben als fehlbare Menschen auf Gottes Gnade und Barmherzigkeit angewiesen, die er uns zu unserem Leben schenken und uns damit zum Guten motivieren will. Amen.

As a theology student, I practised yoga quite intensively for a while. It started in Marburg, where one day I came across an advert from the university sports department in the canteen. It advertised a yoga course. I was curious, went there and actually signed up for the course. On the one hand, I thought that a bit of exercise would do me good. On the other hand, there was a certain curiosity because I had studied religious history intensively in Marburg. As a result, I had already heard and learnt a lot about different religions and knew that yoga has its origins in Hinduism.

This was also very useful because the yoga course was not just limited to the physical Hatha Yoga. Not only did we dance together to a mantra, but the teacher also invited everyone to stay for a meditation session at the end. This yoga teacher was very friendly and open. He explained the ethical principles of yoga to us, almost like the Ten Commandments: Don’t lie, don’t steal, don’t kill. So in the end it was something like gymnastics with an ethical background. That doesn’t sound so wrong, does it?

However, Christian minds are still divided on the subject of yoga today. On the one hand, there is now even Christian yoga, but on the other, yoga is fundamentally rejected as part of a foreign religion. So can I practise yoga as a Christian? Am I allowed to practise yoga?

Paul the Apostle writes to the Christians in Thessalonica: ‘Test everything; hold fast what is good.’ That actually sounds like there should be no reservations at first. Test everything! The plural that Paul uses here is certainly also a good indication that I, as a Christian, do not have to decide alone. In dialogue with my brothers and sisters in faith, I can then base my judgement on a more solid foundation.

Paul and the Christians in Thessalonica lived in a decidedly multi-religious environment in their day. Many encounters and influences were the order of the day. Religious and ethical orientation was a constant challenge. Even just in the encounters with the strict Jewish communities. Whether everyone had to adhere to the biblical dietary and purity rules was a hotly debated question.

The fact that Paul emphasises Christian freedom at the very beginning is an exciting thing. Test everything; hold fast what is good! Paul thus continues what Jesus exemplified in many places. Jesus, who had no fear of contact with people of other religions (Jesus and the Samaritan woman in the Gospel of John). Jesus, who emphasises that the commandments are given for the preservation of life and not to make life difficult (the harvesting of wheat and the healings on the Sabbath in the Gospel of Mark).

In Christian freedom, we are allowed to examine and decide what serves life, what serves faith and what serves the community. Starting with physical exercises and ethical standards through to the prophetic announcements to which Paul’s statement in Thessalonians specifically refers.

At the end of the yoga course, the teacher told us that we absolutely needed a guru to progress in yoga. As he had lived in an ashram in India for some time, he could help us find one. That’s when my interest somehow stopped. As a theology student, I didn’t want or need a new religion. I just wanted to broaden my knowledge and my religious horizons. What I learnt even helped me to understand my Christian faith. I discovered that meditation, for example, has a long Christian tradition. I also became more aware that all religions contain ethical ideas and that many of them are quite comparable, such as the Golden Rule, which Jesus also formulated as an ethical standard.

However, I have also realised a big difference. Yoga is about self-improvement. I have to set out on this path myself and strive for it or fail. The Christian faith also encourages us to strive for the good or – in Pauls words – to keep the good. But we know from the outset that we still cannot redeem ourselves. As fallible human beings, we remain dependent on God’s grace and mercy, which he wants to give us for our lives and thus motivate us to do good. Amen.