Ich danke dir Gott, dass ich wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke; dass erkennt meine Seele. Psalm 139,14
In den letzten Tagen habe ich oft zuhause in Bristol in unserem kleinen Garten hinterm Haus gesessen. Einfach so, ohne etwas zu tun. Manchmal hatte ich eine Tasse Kaffee oder ein Buch dabei. Eigentlich habe ich einfach nur so dagesessen und meine Umwelt beobachtet. Ich wollte die Zeit zur Vorbereitung meiner Predigt nutzen, was ich normalerweise am Schreibtisch mache. Aber das schöne Wetter hat mich nach draußen gezogen. War es also nichts mit der Predigtvorbereitung? Am Ende doch, denn ich habe die Zeit, die ich da im Garten saß, trotzdem intensiv genutzt. Ich habe nämlich etwas beobachtet. Bei uns hat sich in diesem Frühjahr im kleinen Garten hinter dem Pfarrhaus etwas ganz Spannendes ereignet. Als wir vor fast vier Jahren eingezogen sind, haben wir einen Nistkasten mitgebracht. Diesen Nistkasten hat unser zweitältester Sohn Simeon vor Jahren in der Schule aus Holz gebaut. Wir haben ihn dann mit nach Bristol umgezogen und ich habe ihn irgendwann an die Hauswand gehängt.
Und da hing er jetzt drei Jahre lang. Das ursprünglich helle Holz ist inzwischen grau geworden. Ansonsten ist nicht viel passiert bis zu diesem Frühjahr. Ich glaube im März hat meine Frau Helen festgestellt, dass sich ein Paar Blaumeisen für den Nistkasten zu interessieren scheinen. Ich war skeptisch, weil es sowieso nicht sehr viele Vögel in unserer Nachbarschaft gibt, bis auf ein Taubenpärchen, das regelmäßig kommt, um aufzupicken, was unsere Meerschweinchen auf dem Gras übriggelassen haben. Aber tatsächlich, die Blaumeisen haben sich in diesem Jahr unseren Nistkasten ausgesucht. In den letzten Tagen habe ich jetzt beobachtet, wie die Meiseneltern ständig ein- und ausfliegen. Man kann sogar erkennen, dass sie Insekten in den Schnäbeln tragen. Also scheinen die jungen Blaumeisen bereits geschlüpft zu sein.
Ich weiß nicht, ob Ihr das nachempfinden könnt, aber ich war fasziniert. Ich könnte stundenlang einfach da sitzen und das Treiben der Meiseneltern beobachten. Oft kommen sie im Minutentakt angeflogen. Man sieht sie schon von weitem kommen und dann fliegen sie ganz elegant genau auf das kleine Loch da im Nistkasten zu, um darin zu verschwinden. Von Außen ist kaum etwas zu hören, nur ein leises Piepsen. Aber ich stelle mir vor, dass da im Nest ordentlich Aufregung herrscht, wenn die Eltern auftauchen. Manchmal verschwinden sie auch beide gleichzeitig im Nistkasten.
Als ich da so in den vergangenen Tagen in meine Betrachtungen der nistenden Vögel versunken saß, habe ich dann ebenso Babyschreie aus der Nachbarschaft gehört. Ein paar Häuser weiter wohnt eine junge Familie, die wohl gerade ein Baby bekommen haben. Ich sitze also da in Bristol, in der Nachbarschaft mit all den Häusern und Straßen, und auf einmal wird mir bewußt, wie wunderbar doch diese Welt ist. Die nistenden Vögel, die Babyjauchzer – das hat mich tief berührt. Diese Welt ist voller Wunder und eigentlich wunderbar gemacht.
Das kommt mir nicht jeden Morgen so in den Sinn, wenn ich zum Beispiel die Nachrichten im Radio höre oder am Schreibtisch sitzend über die Welt nachdenke. Da frage ich mich manchmal, wo Gott eigentlich ist, ob es ihn überhaupt noch gibt? All das Leid, all das Ungenügen, die Probleme unserer menschlichen Welt, die so alt wie das Menschengedenken sind. Das legt sich manchmal wie ein Schleier auf die Augen oder wie ein Gewicht auf die Seele.
Deshalb bin ich froh, dass ich in diesen Frühjahrstagen einfach mal dagesessen bin, um diesen wunderschönen kleinen Vögeln zuzusehen, wie sie ihre Jungen versorgen. Dadurch habe ich das Bild neu begriffen, dass uns von Gott geschenkt ist: Er hält mich in seiner Hand, so wie er die gesamte Schöpfung in seiner Hand hält. Ich bin ebenso ein Geschöpf Gottes, ebenso wunderbar gemacht, einzigartig, so wie wir alle, jede und jeder von uns. So, wie es uns in der Taufe zugesagt wird: Gott sagt: Ich kenne deinen Namen, du bist mein geliebtes Kind. Nicht nur von deinen Eltern geliebt, sondern von mir, als deinem Schöpfer. Ich halte dich in meiner Hand.
Wir feiern das Fest des Heiligen Geistes, das Pfingsfest. Für mich war das in dieser Woche ein Geistesblitz. Ich habe mich in diesem Beobachten und in dieser Erkenntnis von Gottes Geist berührt gefühlt. In allem Dunklen und oft Niederdrückenden dieser Welt zeigt sich immer wieder, wie wunderbar sie von Gott gemacht ist. Gott, der das Leben für seine gesamte Schöpfung will, der uns die Liebe schenkt und uns spüren lassen will, dass wir geliebt sind. Amen.
I praise you, for I am fearfully and wonderfully made. Wonderful are your works; my soul knows it very well. Psalm 139:14
Over the last few days, I’ve often sat at home in Bristol in our little garden behind the house. Just like that, without doing anything. Sometimes I had a cup of coffee or a book with me. But I’ve actually just sat there and observed my surroundings. I wanted to use the time to prepare my sermon, which I normally do at my desk. But the beautiful weather drew me outside. So it was nothing with the sermon preparation? In the end it was, because I still made good use of the time I spent sitting in the garden. Because I observed something. Something really exciting happened in our small garden behind the vicarage this spring. When we moved in almost four years ago, we brought a nesting box with us. Our second eldest son Simeon built this nesting box out of wood years ago at school. We then moved it to Bristol with us and at some point I hung it on the wall of the house.
And it’s been there for three years now. The originally light-coloured wood has now turned grey. Apart from that, not much happened until this spring. I think it was in March that my wife Helen noticed that a pair of blue tits seemed to be interested in the nesting box. I was sceptical because there aren’t many birds in our neighbourhood anyway, apart from a pair of pigeons that regularly come to peck at what our guinea pigs have left on the grass. But in fact, the blue tits have chosen our nesting box this year. Over the last few days, I’ve noticed the tit parents constantly flying in and out. You can even see that they are carrying insects in their beaks. So it seems that the young blue tits have already hatched.
I don’t know if you can empathise, but I was fascinated. I could just sit there for hours and watch the tit parents go about their business. They often fly in every minute. You can see them coming from afar and then they fly elegantly towards the little hole in the nesting box and disappear into it. You can hardly hear anything from outside, just a quiet chirp. But I imagine that there is a lot of excitement in the nest when the parents appear. Sometimes they both disappear into the nest box at the same time.
Over the past few days, as I sat there lost in my contemplation of the nesting birds, I also heard baby cries from the neighbourhood. A young family lives a few houses away who have probably just had a baby. So I’m sitting there in Bristol, in the neighbourhood with all the houses and streets, and suddenly I realise how wonderful this world is. The nesting birds, the baby cries – it touched me deeply. This world is full of wonders and is actually wonderfully made.
That doesn’t occur to me every morning, for example when I listen to the news on the radio or sit at my desk and think about the world. Sometimes I ask myself where God actually is, whether he still exists at all? All the suffering, all the inadequacies, the problems of our human world that are as old as human memory. Sometimes it’s like a veil over ones eyes or a weight on ones soul.
That’s why I’m glad that I just sat there during these spring days to watch these beautiful little birds looking after their young. It made me realise anew the image that God has given us: He holds me in his hand, just as he holds all of creation in his hand. I am also a creature of God, just as wonderfully made, unique, just like all of us, each and every one of us. Just as we are promised in our baptism: God says: I know your name, you are my beloved child. Not only loved by your parents, but by me as your creator. I hold you in my hand.
We are celebrating the feast of the Holy Spirit, the feast of Pentecost. For me, it was a flash of inspiration this week. I felt touched by God’s spirit in this observation and in this realisation. In everything that is dark and often depressing in this world, it becomes clear again and again how wonderfully it is made by God. God, who wants life for all of his creation, who gives us love and wants us to feel that we are loved. Amen.